Noch 12 Tage

Dann ist die WM vorbei. Das wird für viele eine bittere Zeit. Zeit, die Freunde wieder auszuquartieren, den Terminkalender wegzuwerfen, den Biervorrat schrumpfen zu lassen – es gibt ja keinen triftigen Grund mehr für all das.

Was gibt es im Bereich der seichten Unterhalten in dieser noch jungen Woche zu berichten? Nicht viel, außer dass

a) ich nicht traurig bin, dass die Holländer rausgeflogen sind. Als noch Typen wie Davids und Kluivert und natürlich Ruud Gullit für die Oranjes kickten, musste ich meine Begeisterung zwischen Deutschland und Holland teilen. Nun hat sich diese komische Mannschaft ins Aus getreten – im wahrsten Sinne des Wortes. Wer Brutalität an den Tag legt, fliegt raus, das ist nur gerecht. Obwohl die Portugiesen in diesem Punkt leider ganz gut nachgezogen haben.

b) Paris Hilton in James Blunt verknallt ist: „Ich liebe James Blunt. Er war mal Soldat, das ist ziemlich heiß.“ Wenn Hohlbratzen reden, ist es manchmal unterhaltsam. Manchmal aber auch so dumm, dass es wehtut.

c) Naomi Campbell wieder zugeschlagen hat – die leicht Erzürnbare hat einem Dienstmädchen einen noch unbekannten Gegenstand über den Hinterkopf gezogen, weil die Hausangestellte eine schwarze Designerjeans nicht finden konnte. Ist Amerika nicht das Land der Millionenentschädigungen? Dann wäre Campbell ja eine sichere Bank für schnellen Reichtum. Vielleicht sollte ich mich mal bewerben. Und ein bisschen doof anstellen.

Brückentarot

Diese S-Bahnbrücke, unter der ich jeden Tag durchradel, hat immer mal wieder etwas Neues auf Lager.
Beinahecrashs mit entgegenkommenden halbblinden Radfahrern stehen auf der Tagesordnung, und ab und zu gibt es noch ein Highlight obendrauf: Männer in Schutzanzügen mit Spritzpistolen, die die Pfeiler bearbeiten – was an Szenen aus meinem heißgeliebten Film Ghostbusters erinnert. Ein lethargischer Vogel am Wegesrand, genau zu der Zeit, als die Vogelpest durch alle Medien fliegt. Die alte Frau, die jeden Dienstag rechts von der Brücke steht – ich habe nie gesehen, wer sie dort abholt. Der unausweichbare, hoffentlich Glück bringende Vogelschiss von oben. Und heute – ein schwarzer BH von links. Mitten auf dem Weg lag er herum, ein bisschen traurig und verdreht. Ob das etwas zu bedeuten hat – wie schwarze Katze von rechts? Und wer hat ihn dort verloren? Wie kann man einen BH überhaupt verlieren? Vermisst die Trägerin oder der Träger ihn? Fühlt er oder sie sich befreit? Oder hatte jemand vor ein paar Stunden eventuell noch heißen Sex unter der Brücke und im Eifer des Gefechts den BH liegen gelassen? Vielleicht eine geheime Affäre, die jetzt auffliegt, weil sie ohne BH nach Hause gekommen ist …

Song des Tages: Erdmöbel, „Genau wie ich es mir wünsche“

Noch 5 Minuten

Und mir reißt die Hutschnur. So langsam wird es eng. Die Frau rechts von mir rückt näher und näher. Ihren Namen habe ich schon wieder vergessen und mit einem komischen Funkeln in den Augen und einem Luftholen rattert sie los: Ob ich denn schon einen Diabetistest gemacht habe, das müsste ich doch unbedingt machen, sie hatte ja Schwangerschaftsdiabetis und-das-war-ja-gar-nicht- witzig-sie-konnte-ja-kaum-noch-etwas-essen-selbst-eine-Scheibe-Brot-war-eine-zuviel-und-sie-hat-sogar-abgenommen-in-den-letzten-Wochen.
Ich nicke mitleidig und zucke mit den Schultern, „Tja, das ist ja übel …“. Kaum davon erholt, schnattert es von links: „Weißt du denn schon in welches Krankenhaus du gehst?“ „Also ähm, ich …“ Und dann gibt die engagierte Fremde ihr Fachwissen in einem Vortrag über Dammschnittraten, Dammrisse, Saugglocken und Zangengeburten zum Besten. Meine Bionade rutscht ein Stück die Speiseröhre rauf. Als sie über die Horrorentbindung und den Beinahetod ihrer Cousine ansetzt, entschuldige ich mich Richtung Klo.

Menschen mit Krankheiten bekommen etwas, was sie noch weniger gebrauchen können, als einen zusätzlichen Bandscheibenvorfall: viele Geschichten von anderen Menschen mit Krankheiten. Schwangere scheinen bei anderen Schwangeren, Müttern oder einfach nur taktlosen Klugscheissern denselben Reflex auszulösen.
Da wird einem von Anfang an gepredigt: Du bist schwanger, nicht krank – und ich denke: Danke, ich weiß das. Aber warum die anderen nicht? Nach einem anfänglich verzückten „Oooh, wie schön – schwanger!“, und Routinefragen wie: „Welcher Monat, musst du kotzen, was wird es denn?“, geht es ans Eingemachte.

Da gibt es ein paar nette Anekdoten von Lähmungen durch falsch angesetzte Rückenmarksspritze hier, kleine Geschichten über knappe Kaiserschnitten dort, bis hin zu Abhandlungen über Schlafentzug, chronischem Zeitmangel und fettigen Haaren. Gekrönt von bedeutungsschweren Blicken, die sagen „Einfach ist das nicht.“ Ach wirklich? Ich dachte, ein Kind auf die Welt zu pressen, wäre entspannender als ne Thalassobehandlung. Und ich dachte auch, dass unser Baby mit zwei Wochen acht Stunden durchschläft, mit einem halben Jahr selbst aufs Klo geht und mit fünf meine Steuererklärung macht.
Mann – ich bin doch nicht blind und taub! Jeder, der sich mit dem Thema Kinder beschäftigt, weiß um den Stress, die Augenringe und die monothematischen Gespräche. Und natürlich gibt es tausend gute Gründe gegen Kinder. Es gibt aber auch tausend gute Gründe für Kinder. Aber einer Schwangeren, also wenn das Kind im wahrsten Sinne bereits in den Brunnen gefallen ist, von Horrorszenarien zu berichten, ist meines Erachtens völlig überflüssig.
Und dennoch möchten viele Menschen Schlechtes mitteilen, statt Gutes. Ist das spannender? Sind das Wichtigtuer? Oder haben sie tatsächlich nur Schlechtes zu berichten? Aber warum erzählen sie es dann ausgerechnet mir? Würde man einem Herzpatienten vor der Operation auch von Klappenversagen und Thrombosen erzählen?

Auch immer wieder gern ins Rennen geworfen – ein hämisches Lachen und den Satz: „Na, damit ist es dann ja vorbei.“ Klar wird sich alles verändern und erstmal einen Schritt zurücktreten müssen – Interessen, Hobbys, Freunde. Doch ich behaupte: es gibt einfach viele, denen das Pflegen von Interessen und Freunden schon vorher schwer gefallen ist. Die warten nur darauf, sich mit einem Seufzer der Erleichterung in dieses wattebequeme Klischee zu kuscheln und sich nie wieder mehr als zweihundert Meter vor die Haustür zu bewegen. Geht ja nicht – die Kinder! Wer sich schon immer für andere und nicht nur für sich selbst interessiert hat, wird auch einen Weg finden, weiterhin Freunde zu haben.

Und dann gibt es da zum Glück noch die anderen. Die, die selber Kinder haben, die natürlich gestresst sind, denen manche Dinge auch ab und an zuviel werden. Und die einem trotzdem sagen: „Wir wollen keinen Tag mit unseren Kindern mehr missen.“ Danke. Auch mal schön zu hören.

2 Tage vorher

war ich tatsächlich zu träge und faulgeheizt von den Temperaturen. Nun geht es natürlich weiter – schnell, bevor der Montag mit 29 Grad wieder auf den Kopf schlägt!

Song des Tages: Billie Holiday, „Body and Soul“

Es schmilzt!

Das Eis, die Hirnzellen, der Stift in meiner Hand.
Unmöglich, sich nun auch noch nach Feierabend vor den Computer zu setzen – er erzeugt zuviel Wärme. Warten wir das Mittwochgewitter ab, dann geht es weiter.
Genießt die Sonne!

7 Stunden

bis zum Anpfiff! 3:1 für Deutschland – ich bin Optimist! Wir schaffen das!!

Sonniges und ledriges Wochenende Euch allen!

Nachbarschaftsgeschichten folgen morgen.

Die buckelige Nachbarschaft / Vorwort

Die einen sind so still, dass man froh ist, sie hin und wieder im Treppenhaus zu sehen, bevor es im selbigen süßlich riecht. Die anderen sind nicht zu überhören und bieten vielerlei Gründe mehr, warum man sie nicht ignorieren kann. Da ich Umzugsprofi bin, allein in Hamburg elf Mal in zwölf Jahren meinen Übernachtunsstandort gewechselt habe, kann ich von vielerlei buntem Nachbarschaftsgedönsel erzählen.
Beginne ich bei meiner ersten Station, der Walddörferstraße in Hamburg-Hinschenfelde. Wie eine Zwanzigjährige in diese beschissen langweilige Gegend ziehen kann? Bezahlbar. Und zu kriegen. Das waren zu diesem Zeitpunkt zwei unschlagbare Argumente.

Die Walddörferstraße zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwar nur zweispurig ist, doch leider viel von dem Verkehr, der parallel über die B75 donnert, mitträgt. Wer nicht mit 70 Sachen durchheizt, sondern mit 100 und lautem Getüte, ist ein Krankenwagen, und der muss das Krankenhaus am anderen Ende erreichen. Etwa drei bis fünf Mal in 24 Stunden.

Warum ich dank meines Nachbarn eines Tages einen großen Schäferhund in meinem Wohnzimmer in der Walddörferstraße beherbergte, mich an einem anderen Tag mit genau diesem Schäferhund etwa zwanzig Minuten auf dem Hausflur sitzend durch eine Wohnungstür hindurch unterhielt, nachts um ein Uhr mit einem riesigen Geländewagen einem Polizeiwagen folgen musste, die halbe Nacht auf der Wache verbrachte und ein Polizist tausend Mark von mir verlangte – dazu in den nächsten Tagen mehr.

Song des Tages: Foo Fighters, „Hero“

19 Wochen

Klingt gar nicht mehr soviel. Angeregt durch Matts herrliche Erzählung, bin ich schon jetzt gespannt auf die Geschichten, die da kommen und verkünde hiermit stolz: Ein Junge! (Wäre es ein Mädchen, würde das hier genauso stehen, völlig egal – so oder so toll!)

Und Sohnemann hielt auf dem Bildschirm lässig und locker den Daumen in die Höhe, als wolle auch er sagen „Alles super!“.
Nun geht die Namenssuche los. Ausgeschlossen: Modenamen und ganz besonders kreative Namen.

Song des Tages: Donavon Frankenreiter, „Move By Yourself“

Kumpeltussis

Aus aktuellem Anlass und in bierseliger Verfassung von zwei Bit alkoholfrei, hier die ultimative Lobhudelei vor Mitternacht, kurz bevor der Mai die Füße hochlegt …

Dass Männerfreundschaften etwas ganz Besonderes und vor allem etwas ganz besonders Unkompliziertes sind, davon hat man schon viel gehört und gesehen. Frauenfreundschaften hingegen gelten im Allgemeinen vor allem in Männerkreisen als schwieriger: stets geplagt von etwas Gezicke, Eifersüchteleien, künstlicher Problemproduktion, Verspannungen und Missverständnissen. Frauen keifen und kämpfen, Männer schmeißen ne Münze.

Ich habe das große Glück, mit unzickigen Freundinnen versorgt zu sein, und hier möchte ich Euch ein paar Ladies vorstellen, die jedes negative Klischee von Frauenfreundschaften untern Tisch trinken, äh vom Tisch pusten: Drei davon kann ich – stolz und glücklich darüber, dass es so ist – seit geraumer Zeit als „Freundinnen“ bezeichnen, die eine kenne ich seit ein paar Jahrzehnten recht gut. 🙂

Mit diesen Damen geht alles – gackern und kichern, saufen wie’n Bierkutscher, feiern und tanzen bis der Tresen kippt, die ernsten Dinge des Lebens bekakeln, Lebenshilfe bieten, dreckige Witze reißen, Unternehmungen von Theater bis Kino, Reisen, Kaffeekränzchen, Videoabend, Kochen und tausend Sachen mehr – und vor allem: das Ganze ohne Gezicke, Eifersucht, Verspannungen und so’n Scheiß – 100 Grad Entspanntheit und Spaß an der Freundschaft. Einen Tusch für Euch, Ihr Lieben! Das durfte mal gesagt werden.

Die ultimative Lobhudelei. Ist nun vorbei. Gute Nacht.

Song der Nacht: Keren Ann, „Right Now & Right Here“