16 Stunden bis zur Mittagspause


Manchmal passieren kleine, erstaunliche und erfreuliche Dinge. Da bin ich schon den ganzen Vormittag ein bisschen bedrückt von dem Gedanken, dass heute zwar Dienstag ist, ich aber nicht zu späterer Stunde den Fernseher einschalten werde, um Desperate Housewives zu gucken, da die Staffel zu Ende ist. In der Mittagspause schlendere ich mit Kollegin Inke ins Gazoline in Ottensen, um in Ruhe Tee zu trinken und etwas zu essen, und wir zahlen als wir gehen wollen: je 2,50 Euro. Der Tee gehe aufs Haus. Was ich meine? Freundlichkeit! Großzügigkeit! Gastfreundschaft, Kundenbindung und wieder Freundlichkeit! Genau wie Matthias in seinem Blog (siehe Linkliste) am 23. November bereits schrieb, findet man diese Eigenschaften nicht an jeder Ecke. Wann bekommt man schon mal etwas geschenkt? Ich freue mich. Desperate Housewives ist verkraftet, was ist schon so ne olle Serie am Abend gegen nette Menschen am Mittag?
Den Mitarbeiter, der die Teaser auf der Desperate-Housewives-Seite von Pro7 schreibt, sollte man allerdings vorzeitig in den Weihnachtsurlaub schicken. Da steht allen Ernstes zum „sexy Klempner“ der Serie: „James Denton, wer würde den nicht mal ein Rohr verlegen lassen?“ Brüller.

Meerschweinchen peruanische Art. Die Zeitschrift kulturnews hat eine prima Rubrik: Mahlzeit. Jeden Monat gibt Kollege Falk ein Rezept zum Besten, plus amüsante, bissige oder schrille Anekdoten. Das Rezept der aktuellen Weihnachtsausgabe ist südamerikanisch, die Hauptzutat ein Meerschweinchen und mir ist schlecht. Kaninchen mit Mohrrüben finde ich zum Beispiel super, allerdings getrennt voneinander, etwas über Raumtemperatur, roh und vor allem lebendig! Schon oft wurde mir vorgeschwärmt, gebratenes Kanickel in Schokoladensoße schmecke super – ich würde eher Nacktschnecken auslutschen. Und sollte diese Ekelgrenze bei mir je fallen, wäre dies ein fataler Schritt, denn dann könnte ich den Wochenendeinkauf gleich im Kleintierzoo erledigen: Rennmaus auf Reisbett oder Wellensittich an Wirsing – ey, voll normal.

Mein Kollege erzählt, er hatte sogar mal ein Meerschweinchen. Damals versuchte es, dem Kaninchen hinterher zu hoppeln (!) – es hielt sich ebenfalls für ein Kaninchen. So blind kann Liebe machen. Und auch wenn Falk es abstreitet: Auf normalem Wege ist das verwirrte Ding wahrscheinlich nicht gestorben, sondern in der Pfanne gelandet – mit Knoblauch und Süßkartoffeln.

Auf dem Foto: Francesco, Malles großartiges Haustier. Ein cooler Name für einen Mümmel. Unserer hieß Monchichi. Aber mein Bruder und ich waren jung und hatten keine Ahnung von coolen Namen.

Song des Tages: Stina Nordenstam, „Purple Rain“

49 Jahre, 4 Monate und 12 Tage


Bis zum meinem 80. Geburtstag. Wenn ich es soweit schaffe. Denn das Brummen heute, rund 40 Stunden nach dem Pegel, ist noch da. Kopfbrummen am ersten Tag heißt: Du hast ne geile Party gefeiert. Kopfbrummen am zweiten Tag: Du wirst alt. Dabei haben wir getanzt wie mit 25, getrunken wie mit 20, gelacht wie mit 15. Nur die Augenringe, die sehen nach 30 plus aus. Und nun dürft Ihr raten, welcher Alterszustand am Attraktivsten war. Doch in den Jahre zwischen 15 und 30 hat man zum Glück etwas gelernt, zum Beispiel den Spiegelcheck auf dem Damenklo ab einer bestimmten Uhrzeit einfach mal sein zu lassen.

Es gibt ein wunderbares Foto vom Arztkoffer-Getüdel bei Burger King: Sandra mit Schwesternhaube und Plastikspritze. Ich sollte hier vielleicht etwas emotionaler und persönlicher werden – und es hochladen. Ist zu schön. Aufsparen für Weihnachten ist auch ne Idee. Oder versteigern. Zehn Euro zum Ersten!

Bäckereifachangestellte im Mercado. Hmpf. Dass mir keiner hinter der Theke den Unterschied zwischen Vollkornbrot und Schwarzbrot erklären kann, habe ich mittlerweile akzeptiert. Aber zwischen Wurst und Käse? Nachdem ich leicht zuckend 2,60 Euro für ein Sesambrötchen mit Käse hinlegte und dreimal hineinbiss, stellte ich verwundert fest, wie herzhaft der Käse heute schmeckt. Nach dem Hochklappen der Sesam-Luke und Beiseitepulen des Käses lag sie da – platt und blass mit ihren toten Poren: eine Scheibe geräucherte Putenbrust. Wäre ich Vegetarier – ich wüsste nicht, was ich getan hätte. Womit wir wieder beim Arztkoffer wären.

Das Foto zeigt natürlich weder Sandra noch Schwesternhaube, sondern Claudius Mach am Samstag im Kukuun.

Song des Tages: Queens of the Stone Age, „Little Sister“

1 Tag bis Wochenanfang


Im italienischen Restaurant Rocco auf St. Pauli ist es verdammt laut! Den Geräuschpegel erahnt der Gast beim Betreten des ersten Raumes, kaum die Tür geöffnet und den Vorhang zur Seite geschoben: fünf Männer brüllen ihm ein dröhnend singendes „Buona Seraaaaa!“ entgegen. Die Musik ist nie italienisch, dafür schnell und – natürlich laut, im Servieren auf Zeit ist man hier geübt.

Innerhalb von zwei Stunden schlendern wir zu Zehnt und abgefüllt mit Nudeln und Rotwein Richtung Spielbudenplatz, Ziel: Kukuun. Yared Dibaba moderiert hier jeden zweiten Mittwoch im Monat seinen „Freizeitklub“. Gestern gab es ein „Hör mal wer da hämmert“-Spezial. Ich muss zugeben, diese Serie noch nie gesehen zu haben, dementsprechend huschten so einige Witze unbemerkt an mir vorbei. Doch wenn ich die Witze verstehe, ist der Freizeitklub eine gute Art, seinen Abend zu verbringen – mit musizierenden Menschen, komischen Menschen und sonstigen.

Claudius Mach, Berliner Kodderschnauze und Stimme, war ein weiterer Showteil. Mit seinem ungeahnten und sympatischen Wahnsinn flüsterte, brüllte und sang er seine schönen Lieder durch das Kukuun.
Vier Stunden dauerte der Ausklang des Abends, mit etwas Tanz, reichlich Becks und guten Gesprächen, bei denen man erfreulicherweise auch hinter die persönlichen Bühnen guckte. Oft ist dieser Blick ja nur gewährt, wenn hinter den Kulissen aufgeräumt ist.

Wie dann morgens um halb fünf bei Burger King der Kinder-Arztkoffer auf den Tisch kam, um seziert zu werden, ist mir noch ein Rätsel.

Song des Tages: Jet, „Look what you‘ve done“

11 Tage bis Domende


Der Hamburger Winterdom wütet vor unserer Haustür. Eigentlich wüten eher die Menschen, die so schlau sind und mit dem Auto in die Innenstadt fahren – anstatt in die U-Bahn zu steigen. Parken uns die Straßen dicht, um einem Freizeitspaß nachzugehen, welcher aus einem Balance-Akt besteht, Essen einzunehmen und es drin zu behalten. Und hässliche Riesenteddys zu gewinnen. Inzwischen gibt es ein total perverses Fahrgeschäft: Ein großer Turm mit einem Propeller, dessen Propellerflügel bis zum Boden reichen. Die Enden der beiden Flügel sind mit etwa zehn Sitzreihen versehen. Der Propeller dreht sich und die Sitzkabinen drehen sich in sich auch noch einmal. Verständlich? Auf jeden Fall sieht es im wahrsten Sinne zum kotzen aus. Ein mir unbegreifliches Vergnügen.
Dom bei Nacht: Das Foto ist auf dem Nachhauseweg nach einer durchfeierten Kiez-Nacht entstanden. Letzte Station war mal wieder das Grünspan.

Gestern haben Nada Surf das Logo gerockt. Hammer! In einem rappelvollen, ausverkauften Laden war der Bassist stets bemüht, seine Zigarette aufzurauchen, ohne sie zwischendurch anzufassen, und gleichzeitig seine umherschwingenden Dreadlocks nicht anzuglühen. Laut, heiß und nass war es – stellte die Band doch fest, dass das Logo der einzige Club sei, den sie kennen, in dem es von der Decke tropft. Hamburger in bester Laune, tanzend und mitsingend. Einfach schön: „Always love …“

Song des Tages: Feist, „Inside and Out“

14 Tage bis Nikolaus


Seit Jahren hat mir niemand mehr den Stiefel gefüllt. Während man als Kind überlegt, welcher Stiefel der optimalste wäre, um möglichst gut bei der Verteilung abzuschneiden, ist Nikolaus heute nur ein lästiger Tag mehr, der vor allem Douglas und Co erfreut. Kekse habe ich dem Nikolaus nie hingestellt. Und ich habe mich auch nie auf die Lauer gelegt. Wahrscheinlich ahnte ich, dass die ganze Aktion nur ein schokoladiger Trick meiner Eltern war, damit ich Schuhe putzen lerne.

Der Hamburger Fernsehturm. Von unserem Wohnzimmerfenster sieht man ihn hinter der gegenüberliegenden Häuserzeile empor ragen. Ich finde ihn schön. Besonders bei gutem Wetter, wie letzten Samstag.

Song des Tages: Keane, „Bend & Break“

Tagezähler


Tage zählen ist ne prima Sache. Als Kind habe ich Kalender auf ein Stück Papier gemalt, wenn ein besonderes Ereignis bevorstand: Jeden Tag, den es näher rückte, konnte ich auf diesem Kalender durchstreichen. Ein Countdown-Kalender bis zum Schulfasching, Weihnachten, bis zum Geburtstag, bis zum Stadtbummel mit Oma Inge. Tage und Wochen zählen – diese Angewohnheit ist geblieben. Irgendwas ist eben immer.

Online zu sein ist eine Sucht, die ich seit zehn Jahren pflege. Vorbei die Zeiten, in denen nur töffelig aussehende Nerds mit in Hosen gestopften Sweatshirts vorm Computer saßen und in die Tastatur hackten, was das Plastik hielt. Tippen für die Einsamkeit. Vor einem Bildschirm kann man sich optimal verstecken, oder das Internet als Tummeplatz von Informationen, Austausch und Kontakten nutzen. Wie weit der Informations-Striptease geht, entscheidet jeder selbst. RTL2-Fans werden sich hier grau und grämlich langweilen – bitte weiterklicken!

Song des Tages: James Blunt, „Goodbye my Lover“