Eine unterhaltsame Rossini-Oper läuft gerade 100 Meter Luftlinie vor mir über die Bühne, ich lehne mich in meinem unbequemen Samtsitz zurück und bin rundum friedlich.
Plötzlich keucht es knapp hinter meinem linken Ohrläppchen.
Hüsteleien, ich bitte Euch, darüber guckt man mit einem kleinen Lidflattern hinweg. Doch dieses Keuchen steigert sich in ein Gegurgel, wie die kleinen Plastikmundsauger beim Zahnarzt machen. Langsam steigt mir etwas Hitze hoch, mein Kopf zuckt ein bisschen nach links. Und dann tönt träge Schnodderei durch die nächsten 60 Sekunden.
Drei Sekunden Pause.
Dann blubbert es von unten hoch. Schnieft. Und schnoddert wieder. Er zieht hoch! Der Opa hinter mir zieht schamlos und mitten in einer Arie zwei Pfund Schleim hoch, lässt wieder runterlaufen, um ihn dann mit einer Vehemenz erneut hochzureißen, mit der Ameisenbären sonst Hügel aussaugen.
Nach dem sechsten Mal laufen meine Ohrenspitzen rot an, meine Hand liegt auf der Tasche, in der sich leider keine 9 mm Halbautomatik befindet, sondern eine Packung Taschentücher. Warum sagt seine Frau denn nichts??? Was ist denn das für eine belästigende Ignoranz und Ekelhaftigkeit??? Und wie läuft das denn dort zu Hause ab? Leute, die bei solchen Geräuschen abgestumpft ausblenden, die gucken sich doch auch beim Scheissen zu!
Und dann Applaus und ein letzter kräftiger Zieher. Stille hinter mir. Kurz drehe ich mich um, um zu sehen, ob er sich eventuell das Hirn an der Schädelrückwand platt gesaugt hat, doch er sitzt zufrieden und aufrecht und applaudiert. Fast wäre ich Teil der Ungeduldig & Jähzornig-Bewegung geworden. Das war knapp. Sehr knapp.
Song des Tages: K‘s Choice, „Not An Addict“
Knapp daneben ist auch vorbei!
Und heute abend gibts Fidelio. Ich freu mich schon. Sind Sie auch da?
Das war übrigens nicht meine Frau, sondern eine befreundete Journalistin von der Emma.
Liebe Opa,
haha, dann möchte ich an dieser Stelle natürlich ganz klar stellen: „ein“ Opa saß hinter mir – nicht „der“ Opa!!
Nein, leider bin ich heute Abend nicht da… aber viel Spaß!!
Hmm, nach der Geschichte bei „Alfons“ bereits die zweite grausame Störung bei einer Deiner Ausflüge in die Kultur. Kein Wunder, daß sich Dein Aggressionspotential erhöht. Eine 9mm wäre aber zur Lösung nicht geeignet, wenn dann nur mit Schalldämpfer. Wie wäre es mit in Bonbons, die vorher in hochdosierten Schlaftropfen getränkt wurden? Die Du mit einer freundlichen Geste an diejenigen verschenkst, die Deine Synapsen quälen und Dir den Genuß an der Kultur rauben?
vielleicht hätte ich es geschafft, sie zeitgleich mit dem paukenschlag abzudrücken. 🙂
ja, es ist nicht leicht da draußen.
ich bin einer von den menschen, die das anziehen – im yogakurs liege ich neben dem, der bei der entspannungsübung anfängt zu schnarchen, in der disko tanze ich stets neben der person, die ihren ellenbogen nicht unter kontrolle hat und die es nicht stört, ihn regelmäßig auf drei in meinen rücken zu bohren. tsss. so ist das.
Opernrenaissance in der Blogszene? 🙂
Sehr feine Geschichte!
Merci!
Allerdings habe ich die Handlung nicht so schön wiedergegeben wie Sie in Absurdistan …
Das ist doch enorm relativ. 🙂